Dissertation
 
 
Aus der
Augenklinik
der
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
 
 
Untersuchungen zur verbesserten Darstellung der retinalen und choroidalen Zirkulation
mit Hilfe der Fluoreszenzangiographie unter abnehmendem Augeninnendruck
(FLADOP-Technik)
 
 
Inauguraldisseration zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin 
der Johannes Gutenberg-Universität Mainz dem Fachbereich vorgelegt von
 
Rainer Karl Fontana
55283 Nierstein
Ringstraße 37
Mainz, Oktober 1993
 
 
Meinen Eltern in Dankbarkeit gewidmet
 
Dekan : Univ. Prof. Dr. rer. nat. R. Wolf
 1. Gutachter : Univ. Prof. Dr. med. G. Richard
 2. Gutachter : Univ. Prof. Dr. med. F. Grehn
 
Teil 1
.
Einleitung
 

1. Einleitung

2.  Patientengut und Methodik

3. Ergebnisse

4. Diskussion

5. Zusammenfassung

6. Literatur

7. Anhang

8. Danksagung
 
 
 
1.  Einleitung ..
 . Im Gegensatz zu den retinalen Gefäßen entzieht sich das choroidale Gefäßnetz weitgehend der fluoreszenzangiographischen Darstellung. Verschiedene Faktoren sind hierfür verantwortlich. Das Pigmentepithel wirkt wie ein Filter und absorbiert einen großen Teil der emittierten Fluoreszenz der Aderhautgefäße. Auch die gleichzeitige Anfärbung der retinalen Gefäße erschwert eine Interpretation der tiefer liegenden choroidalen Strukturen. In erster Linie verhindert aber der rasche Austritt von Fluoreszein aus den fenestrierten Sinusoiden der Choriokapillaris eine Darstellung der größeren Aderhautgefäße (Archer et al., 1974). 
Im Jahre 1968 zeigte Dollery im Tierexperiment, daß die Fluoreszenzangiographie bei künstlich erhöhtem Augeninnendruck eine verbesserte Darstellung der Aderhautgefäße ermöglicht. Der intraokulare Druck wurde durch die Saugnapfokulopression nach Kukán (1931, 1936ab) erhöht. Kurz darauf wurden auch am menschlichen Auge vergleichbare sequenzangiographische Untersuchungen durchgeführt (Blumenthal et al., 1970, 1971; Best et al., 1972). 
Heute ermöglichen die Videofluoreszenzangiographie mit digitaler Bildverarbeitung und Verbesserungen in der Saugnapfokulopression die Ausarbeitung neuer methodischer Ansätze zur Untersuchung der retinalen und choroidalen Hämodynamik.  
Da sich die in dieser Arbeit vorgestellte Methodik beider Verfahren bedient, scheint es angebracht, zunächst deren geschichtliche Entwicklung und den heutigen Stand der Forschung aufzuzeigen.
1.1.
Die Entwicklung der
Saugnapfokulopression

Nach Vorarbeiten von Schultén, Wahlfors, Bajardi, Anderson, Henderson und Pristley-Smith führte im Jahre 1917 Bailliart die Ophthalmodynamometrie in die Augenheilkunde ein (Bailliart, 1917ab, 1920abc). Er entwickelte dazu ein sondenartiges Gerät mit einem gefederten konvexen Stempel, mit dem ein Druck auf die temporale Sklera ausgeübt wird, während gleichzeitig im aufrechten Bild gespiegelt wird. Durch Kompression des Bulbus gegen die mediale Orbitawand erhöht man schrittweise den intraokularen Druck. Die Beobachtung des ersten Auftretens von Pulsationen der Zentralarterie beziehungsweise deren Sistieren bei weiterer Druckzunahme, erlaubt die Bestimmung des diastolischen bzw. systolischen Blutdrucks der Zentralarterie.  
Der hohe Wert dieser Methodik für die ophthalmologische Diagnostik wurde rasch erkannt. Der Bailliart'sche Dynamometer fand weite Verbreitung. Andere Untersucher modifizerten das Bailliart'schen Dynamometer beziehungsweise entwickelten Dynamometer nach anderen physikalischen Prinzipien ( Bliedung, 1924; Dieter, 1928; Baurmann, 1930; Uyemura et al., 1936 ). Auch das heute noch oft benutzte Ophthalmodynamometer nach Müller basiert auf dem Bailliart'schen Prinzip (Müller et al., 1938). 
Da die intraokulare Druckerhöhung durch die Kompression des Bulbus zwischen Dynamometerstempel und mediale Orbitawand erzeugt wird, wurde das Funktionsprinzip der oben genannten Ophthalmodynamometer unter dem Begriff " Kompressionsverfahren " zusammengefaßt (Kukán, 1936ab). Der Begriff " Impressionsverfahren " bezieht sich auf die Eindellung des Bulbus durch den Stempel des Dynamometers (Weigelin et al., 1963). 
In den 30er Jahren stellte der Ungar Franz Kukán eine alternative Methode zur künstlichen Erhöhung des intraokularen Drucks vor (Kukán, 1931, 1936ab). Er verließ die Idee des Impressionsverfahrens und erforschte die Wirkung von Saugtrichtern, welche, angesaugt am Bulbus, ebenfalls den intraokularen Druck steigern.  In einer Publikation aus dem Jahre 1936 beschreibt Kukán ausführlich die physikalisch-theoretischen Prinzipien der Saugnapfokulopression, ebenso wie den Aufbau seiner Apparatur zur Erzeugung eines negativen Drucks im Saugtrichter. Sie besteht aus drei Komponenten : einer eingeschliffenen Glasspritze von 50 cm3, einem Membranvakuummeter und einem metallenen Saugtrichter.
Abb. 1 

Impressionsverfahren nach Bailliart (oben) : Der Bulbus wird zwischen dem Dynamometerstempel und der medialen Orbitawand komprimiert. Gleichzeitig tritt eine Dislokation nach nasal auf.
 
   
Saugnapfokulopression nach Kukán (unten) : Kraft- und Gegenkraft liegen im Bereich des Saugtrichers. Es kommt nicht zu einer Dislokation des Bulbus.

. Der Saugtrichter wird temporal auf den Bulbus aufgesetzt, mit der Spritze wird ein negativer Druck angelegt, welcher am Membranvakuummeter abgelesen werden kann. Da die Sklera eine flexible, aber nicht dehnbare Struktur ist, werden Skleraanteile über den Saugnapfrand in den Saugnapf hineingezogen (Abb. 1) . Folglich vermindert sich der Umfang des Bulbus, und es kommt zu einer intraokularen Drucksteigerung. Die Bestimmung des systolischen und diastolische Drucks der Zentralarterie geschieht analog der Bailliart'schen Ophthalmodynamometrie (Kukán, 1931, 1936ab). 
Kukán vergleicht kritisch seine neue Methode mit dem Impressionsverfahren und erörtert eine Reihe von Vorteilen der Saugnapfokulopression. Die Saugnapfokulopression läßt sich leichter erlernen und erfordert vom Untersucher weniger Geschick bei ihrer Durchführung. Bei der Impressionsmethode muß der Untersucher während der gesamten Untersuchung darauf achten, daß die komprimierende Kraft senkrecht zur Bulbusoberfläche einwirkt. Während der Kompression des Bulbus gegen die mediale Orbitawand kommt es zu einer Dislokation des Bulbus nach medial. Dadurch können auf die retrobulbären Gefäße Kräfte einwirken, die deren Durchmesser und somit auch den intraokularen Blutfluß beeinflussen (Abb.1) . 
Diese Nachteile, die zu Verfälschungen der Meßergebnisse führen können, werden durch die Saugnapfokulopression weitgehend vermieden. Sobald sich der Saugtrichter am Bulbus festgesaugt hat, kann der intraokulare Druck erhöht werden, ohne daß weitere Manipulationen notwendig sind, die zu einer Dislokation des Bulbus führen. Somit läßt sich auch die Funduskopie leichter durchführen (Kukán, 1931, 1936ab).   
Trotz offensichtlicher Vorteile gegenüber dem Impressionsverfahren fanden die Arbeiten von Kukán zunächst keine Beachtung und das Impressionsverfahren blieb die führende klinische Methode zur Ophthalmodynamometrie.  
Nach 1960 wurde jedoch die Ophthalmodynamometrie nach dem Kukán'schen Prinzip erneut Gegenstand verschiedener Arbeiten und fand somit weitere klinische Verbreitung (Mikuni et al., 1960, 1965; Draeger, 1962; Hayatsu, 1964abc;  Winter et al., 1971; Ulrich, 1976; Ulrich et al., 1977, 1985, 1987).  
Bis zum heutigen Tag wurde die Saugnapfokulopression in verschiedene diagnostische Verfahren integriert. 
Die Okulo-Oszillo-Dynamographie (OODG) ermöglicht die Bestimmung der retinalen und ziliaren Perfusionsdrucke. Der intraokulare Druck wird dabei auf suprasystolische Drucke erhöht und anschließend gleichmäßig wieder vermindert. Die Pulsationen im retinalen und choroidalen Gefäßbett werden über den Saugnapf als Volumenschwankungen zu einem Transducer geleitet und dort als Kurven dargestellt (Ulrich und Ulrich, 1985ab; Christ und Stodtmeister, 1987). 
Als eine Alternative zur Tonographie nach Leydecker (1956) wurde von Ulrich die Okulopressionstonometrie vorgestellt. Das Kammerwasser wird mittels Saugnapfokulopression ausgepreßt. Aus applanationstonometrischen Druckbestimmungen während und nach der Druckbelastungsphase kann der okuläre Abflußwiderstand ermittelt werden. Wie bei der OODG kann die Untersuchung an beiden Augen simultan durchgeführt werden (Ulrich et al., 1987).  
Ein weiterer Schritt in der Glaukomdiagnostik gelang mit der Entwicklung des Drucktoleranztests bzw. der Elektro-Encephalo-Dynamographie. Hierbei werden visuell evozierte Potentiale (VEP) unter stufenweise erhöhtem Augeninnendruck abgeleitet. Der Grad der Abnahme der VEP-Amplituden in Abhängigkeit vom intraokularen Druckzuwachs erlaubt eine Differenzierung zwischen Normalbefund, Niederdruckglaukom und anderen Glaukomformen. Diese Methode gibt Hinweise auf einen Autoregulationsmechanismus der Gefäße des Sehnervenkopfs (Ulrich et al., 1984, 1986; Pillunat et al., 1985, 1986ab; Stodtmeister et al., 1987). 
In der operativen Augenheilkunde kann die Saugnapfokulopression zur Augendrucksenkung vor intraokularen Eingriffen genutzt werden. Jedoch scheint diese Methode keine wesentlichen Vorteile gegenüber der Okulopression nach Vörösmarthy zu haben ( Hessemer et al., 1989 ). 
Zur angiographischen Untersuchung der retinalen und choroidalen Zirkulation bediente man sich sowohl des Bailliart'schen Prinzips ( Richard, 1985 ), als auch der Saugnapfokulopression ( Dollery, 1968; Blumenthal et al., 1970, 1971; Best et al., 1972; Ernest et al., 1972; Archer et al., 1972 ). Die Saugnapfokulopression erweist sich hier als die überlegenere Methode, da im Gegensatz zur Impressionsmethode keine Bulbusdislokation stattfindet und der Bulbus frei beweglich bleibt. Die photographische Aufnahme des Fundus ist somit jederzeit gewährleistet, während gleichzeitig durch Veränderung des negativen Drucks im Saugtrichter der intraokulare Druck beliebig variiert werden kann. 
Als Beispiel sei hier die retinale Fluorotachymetrie nach Schulte (1987) aufgeführt. Kurz vor Einstrom des Fluoreszeins an der Papille wird der intraokulare Druck abrupt auf suprasystolische Werte erhöht. Binnen 2 - 3 Sekunden erreicht die Farbstoffkonzentration im retrolaminaren Anteil der Zentralarterie ihr Maximum. Die rasche Beendigung der Druckerhöhung erzeugt eine äußerst scharfe Farbstofffront, welche eine exakte Bestimmung der retinalen Flußgeschwindigkeiten, selbst in den Kapillaren, zuläßt. 
Mit der zunehmenden Verbreitung der Saugnapfokulopression nach Kukán wurden auch verschiedene Geräte zur Erzeugung eines negativen Drucks im Saugnapf entwickelt. Die erste Apparatur von Kukán wurde bereits beschrieben. Von späteren Autoren wurden Modifikationen vorgestellt, welche keine wesentlichen Verbesserungen aufweisen ( Mikuni et al., 1960, 1965; Drance, 1962; Galin et al., 1969ab, 1970 ). Die modernen Apparaturen zur Saugnapfokulopression wie zum Beispiel der Okulo-Oszillo-Dynamograph ( OODG ) und der Okulopressionstonometer ( OPT ) generieren den negativen Druck mittels Membranpumpen, die durch Mikroprozessoren gesteuert werden ( Ulrich und Ulrich, 1985ab, 1987 ). 
Auch für die Saugtrichter wurden ständig neue Formen entwickelt und verschiedene Materialen erprobt (Abb. 2.) . 
Kukán  entwarf zunächst metallene Saugnäpfe mit einem Durchmesser von 6 mm. Er erkannte jedoch rasch, daß eine Vergrößerung des Durchmessers auf 11 beziehungsweise 13 mm es ermöglicht, bei gleichem negativem Druck im Saugtrichter einen höheren intraokularen Druckzuwachs im menschlichen Auge zu erreichen (Kukán, 1931, 1936ab). 
Abb. 2
Sautrichter zur Okulopression
. Der Saugtrichter nach Galin (1969ab) besaß prinzipiell die gleiche Form. Er ist aus Kunststoff oder Aluminium gefertigt und hat einen Außendurchmesser von 14 mm. 
Von Mikuni et al. (1960), Draeger und Beisker (1962) und Hayatsu (1964abc) wurden wiederum andere Saugtrichter benutzt. Sie sind mit den heute von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt für das Bundesgebiet zugelassenen Saugtrichtern vergleichbar. Letztere besitzen eine konische Trichterform mit einem der Bulbuskrümmung angepaßten Rand. Drei verschiedene Trichtergrößen (11, 12 und 13 mm) dieser aus Polioximethylen gefertigten Saugnäpfe stehen zur Auswahl (Ulrich und Ulrich, 1987).  
Auch die Beziehung zwischen negativem Druck im Saugtrichter und dem resultierenden intraokularen Druckzuwachs wurde von verschiedenen Autoren untersucht (Kukán 1936, Draeger, 1962; Hayatsu, 1964; Galin et al., 1970; Ernest et al., 1972). Für die heute von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt für die BRD zugelassenen Saugtricher wurden solche Untersuchungen von Ulrich und Ulrich (1987) und von Stodtmeister et al. (1989) durchgeführt.
1.2.
Die Entwicklung der Fluoreszenzangiographie
Die Fluoreszenzangiographie hat bereits in der Vergangenheit einen sehr wichtigen Beitrag zur Untersuchung der physiologischen und pathologischen Hämodynamik des Auges geleistet. Heute ist die Fluoreszenzangiographie ein wichtiges Routineverfahren zur Diagnostik verschiedenartigster Erkrankungen von Netzhaut und Aderhaut.     
Nach der erfolgreichen Synthese des Fluoreszeins im Jahre 1871 durch von Bayer, wurde dieser Farbstoff bereits 10 Jahre später in die Ophthalmologie eingeführt (Ehrlich, 1881). 1930 wurde erstmals im Tierversuch demonstriert, daß eine Darstellung der Fundusgefäße mit Fluoreszein möglich ist (Kikai, 1930). Trotzdem verging längere Zeit bis diese Erkenntnisse in ein klinisches Routineverfahren umgesetzt wurden.    

1. Generation :  Sequenzangiographie    
In einer Pulblikation aus dem Jahre 1961 legen Novotny und Alvis den Grundstein zu einer der wichtigsten Untersuchungstechniken in der Augenheilkunde. Sie beschreiben die theoretischen und methodischen Grundlagen der Sequenzangiographie.  
Die modernen Funduskameras zur Sequenzangiographie basieren auf dieser Arbeit. Die Hauptkomponenten des optischen Systems einer solchen Kamera sind der Erreger- und Sperrfilter. Der Erregerfilter besitzt eine hohe Transmission in einem Spektralbereich des Lichts, welcher für die Exitation des Fluoreszeins verantwortlich ist (485 bis 500 nm). Das Maximum des emittierten Lichts liegt bei 520 bis 530 nm. Der Sperrfilter ist besonders für diesen Spektralbereich durchlässig, sodaß unter idealen Bedingungen alleine die Fluoreszenz des Farbstoffs zur Filmbelichtung beiträgt (Richard, 1989).  
Heute werden 35 mm Kleinbildfilme verwendet. Durch phototechnische Neuentwicklungen wie zum Beispiel Schnellblitzgeneratoren und Motorwinder können Serienphotographien in schneller Folge erstellt werden. Nachteil dieser Technik ist die hohe Lichtenergie, die vom Patienten als unangenehm empfunden wird und somit die Anwendungsmöglichkeiten einschränkt.  
Die Qualität, d.h. das örtliche Auflösungsvermögen, der so erstellten Fundusangiographien ist äußerst hoch. In Brillianz und Schärfe konnte kein anderes fluoreszenzangiographisches Bildgewinnungsverfahren die Abbildungsqualität der Sequenzangiographie erreichen.  

2. Generation :  Fluoreszenzkinematographie    
Das Streben nach Erhöhung der Aufnahmefrequenz zur detaillierteren Darstellung der Hämodynamik der Netzhaut und Aderhaut spiegelt sich in der Idee, den Einstrom des Fluoreszeins auf Film festzuhalten (Flocks et al., 1959). Da insbesondere bei der Fluoreszenzkinematographie hohe Lichtenergien notwendig sind, ist diese Technik für die klinische Routine wenig geeignet. Auch verlor die Fluoreszenzkinematographie durch die Entwicklung der Videoangiographie bereits wieder an Bedeutung (Haining, 1979). Andererseits leistet die Fluoreszenzkinematographie in experimentellen Studien an narkotisierten Tieren gute Dienste (Wessing, 1968, 1974ab). 

3. Generation: Videoangiographie und digitale Bildverarbeitung    
Neben anderen Untersuchern (Haining, 1979; Marsh et al., 1978; Ridley, 1950) beschrieb 1969 Hochheimer eine Fundus-Fernsehkamera, die zur Fluoreszenzangiographie geeignet ist. Das Problem der Belastung des Patienten durch den Gebrauch hoher Lichtintensitäten war auch mit der Zuschaltung von Bildverstärkern nicht zufriedenstellend gelöst (Dollery, 1968a; Manabe, 1970; Bessho, 1972). Erst die Entwicklung von Restlichtkameras (Nachtsichtgeräte) verhalf hier zum Durchbruch. Richard stellte 1984 eine solche Anlage zur Videofluoreszenzangiographie für den klinische Einsatz vor. Diese Kamera benötigt nur einen Bruchteil der Lichtintensität, wie sie bei der Sequenzangiographie üblich ist. 
Heutige Videosysteme arbeiten mit einer Bildfrequenz von 25 Bildern pro Sekunde. Verbesserungen in der Kameratechnik und Speicherelektronik lassen es aber bereits zu, bis zu 100 Einzelbilder pro Sekunde aufzuzeichnen (Preussner, 1988). 
Die digitale Bildverarbeitung von Videosignalen wurde durch die weitreichenden Fortschritte in der elektronischen Datenverarbeitung in den letzten Jahren enorm vorangetrieben. Sie ermöglicht die Bestimmung von Gefäßdurchmessern und Flußgeschwindigkeiten durch spezielle Programme (Preussner, 1983, 1988; Wolf et al., 1989). 
Neueste fluoreszenzangiographische Systeme sind mit Videokameras und Monitoren ausgestattet, die die räumliche Auflösung weiter verbessern. Die gesteigerte räumliche Auflösung verursacht jedoch eine solche Datenflut, daß die Bildfrequenz limitiert werden muß. Somit arbeiten diese Systeme nach dem zeitlichen Modus der Sequenzangiographie (Koch et al., 1989). Die wesentlichen Neuerungen betreffen die digitale Bildverarbeitung. Die gespeicherten Bilder können sofort in Kontrast, Helligkeit und Schärfe beeinflußt werden. Ausschnittsvergrößerungen und Falschfarbendarstellungen sind möglich. Werden die Bilder bei der Videoangiographie auf Videoband gespeichert, so werden sie hier auf Magnetplatte oder Laserdisk archiviert. In beiden Fällen sind die Aufzeichnungen für den Ophthalmologen sofort verfügbar. Zeitraubende Entwicklungsarbeit im Photolabor wie bei der Sequenzangiographie entfällt. Jedoch muß angemerkt werden, daß die Bildqualität der klassischen Sequenzangiographie nicht erreicht wird. 
Somit scheint es sinnvoll, bei einer angiographischen Untersuchung beide Aufnahmetechniken zu nutzen. Es können frühe Phasen der Angiographie als Videoaufzeichnung, spätere Phasen als Photographie festgehalten werden (Richard et al., 1988). So wird einerseits die Dynamik des Fluoreszeineinstroms dokumentiert, andererseits werden die fluoreszenzangiographischen Phänomene der Spätphase mit bestmöglicher Schärfe abgebildet.  

4. Generation : Scanning Laser Ophthalmoskopie    
1982 wurde ein neues technisches Verfahren zur Abbildung des Augenhintergrunds vorgestellt : die Scanning Laser Ophthalmoskopie (SLO, Mainster et al., 1982; Klingbeil et al., 1982). Während bei den oben beschriebenen Aufnahmetechniken der Fundus durch einen großflächigen, ringförmigen Lichtstrahl ausgeleuchtet wird, tastet bei den Scanning Laser Ophthalmoskopen neuerer Bauart ein Laserstrahl den Augenhintergrund Punkt für Punkt ab, wobei das reflektierte Licht von einem Detektor gemessen wird (Confokales Prinzip; Webb et al., 1987; Plesch et al., 1988). Vor allem bei Trübungen der brechenden Medien kann die Bildqualität gegenüber herkömmlichen Verfahren verbessert werden. 
Durch den Einsatz eines geeigneten Lasers (Argon-Ionen-Laser) und eines zusätzlichen Sperrfilters kann das System zur Aufnahme von Fluoreszenzangiographien aufgerüstet werden. Die Archivierung erfolgt auf Videoband. Bildverarbeitende Programme stehen zur Verfügung. 
Welche Stellung diese noch junge Technik gegenüber den anderen fluoreszenzangiographischen Verfahren einnehmen kann, wird die Zukunft zeigen. In jedem Falle verdeutlicht sie uns, daß die Entwicklung in den fluoreszenzangiographischen Bildgewinnungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist.

1.3.
Fragestellung der eigenen Untersuchungen
Die Fluoreszenzangiographie unter abnehmendem Augeninnendruck (Fluorescence Angiography Under Decreasing Ocular Pressure, FLADOP) wurde erstmals von Blumenthal und Best vorgestellt. Dabei wird zunächst ein suprasystolischer Augeninnendruck mittels Saugnapfokulopression erzeugt, so daß das Fluoreszein nicht in den Bulbus eintreten kann. Wird dann der intraokulare Druck langsam wieder normalisiert, kommt es durch den prolongierten Einstrom des Farbstoffes zu einer detaillierten Darstellung der einzelnen Abschitte des retinalen und des choroidalen Gefäßnetzes (Dollery, 1968; Blumenthal et al., 1970, 1971; Best et al., 1972).   
Da diese Untersuchungen als Sequenzangiographien durchgeführt wurden, konnten bisher nur qualitative Auswertungen vorgenommen werden. Durch die hohe zeitliche Auflösung der Videoangiographie wird es erstmals möglich, die retinale und choroidale Perfusion bei erhöhten intraokularen Drucken sowohl qualitativ als auch quantitativ zu erfassen.   
Ziel dieser Arbeit ist es, die Anwendungsmöglichkeiten der Fluoreszenzangiographie unter künstlich erhöhtem Augeninnendruck zu untersuchen und die methodischen Ansätze zu verbessern, wobei folgenden Fragen nachgegangen wird : 
  • Ein Gerät zur Saugnapfokulopression soll entwickelt werden, das speziell zur fluoreszenzangiograpischen Untersuchung geeignet ist.
  • Es soll die Methodik der Fluoreszenzangiographie unter absinkendem intraokularen Druck und ihre praktische Durchführung vorgestellt werden. Des weiteren wird der Frage nachgegangen, wie durch Veränderung verschiedener Untersuchungsparameter eine Optimierung der Methode selbst erreicht werden kann.
  • Es soll gezeigt werden, ob durch eine zusätzliche digitale Bildverarbeitung weitergehende Erkenntnisse zur Aderhautperfusion gewonnen werden können. 
  • Es sollen die fluoreszenzangiographischen Phänomene im retinalen und choroidalen Gefäßbett beschrieben werden, wobei für die Aderhautperfusion verschiedene Füllungsphasen definiert werden.
  • Es soll das segmentale Füllungverhalten der Aderhaut analysiert und hieraus eine Einteilung in verschiedene Füllungstypen vorgeschlagen werden.
  • Es sollen Parameter zur quantitativen Analyse der Aderhautperfusion bei erhöhten intraokularen Drucken entwickelt werden. Auch werden erste Resultate, die an einem Patientenkollektiv gewonnen wurden, dargestellt und ihr Wert für die Diagnostik der Erkrankungen von Netzhaut und Aderhaut besprochen.
  • Zuletzt soll kasuistisch die Aussagekraft dieser neuen Methode geprüft werden.
 
 
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